Schweizer Personenwagenmarkt erfüllte 2014 die hohen Erwartungen
Mit einem fulminanten Schlussspurt endete das Geschäftsjahr 2014 für die Automobilbranche in der Schweiz sowie im Fürstentum Liechtenstein: Dank dem besten Ergebnis aller Zeiten im Dezember (32’857 PW, +9,1%) wurden insgesamt 301’942 Neuwagen verkauft. Dies sind nur knapp weniger als im Vorjahr (-5’943 PW, -1,9%). Damit übertraf der hiesige Personenwagenmarkt die Erwartungen von auto-schweiz respektive deren Jahresprognose von 300’000 Neuwagenverkäufen. In der oberen Hälfte der Prognosebandbreite von Eurotax liegt auch das Jahresergebnis bei Gebrauchtwagen: Von Januar bis Dezember 2014 wechselten gesamthaft 839’212 Occasionen ihren Besitzer (-13’027 PW, -1,5%). Im gleichen Zeitraum sanken die Standzeiten in allen Fahrzeugsegmenten um durchschnittlich 5,1% auf derzeit noch 94 Tage.
2014 war für die stark exportorientierte Schweizer Wirtschaft ein anforderungsreiches Jahr. Sechs Jahre nach Ausbruch der globalen Finanzkrise im Jahr 2008 hat sich die Weltwirtschaft noch immer nicht gefestigt. Darüber hinaus verlor zuletzt auch die Erholung im Euroraum an Fahrt. Wirtschaftliche Unsicherheit sowie geopolitische Spannungen beeinflussen jedoch nicht nur langfristige Investitionsentscheidungen in Unternehmen, sondern auch den Erwerb von Neuwagen durch Private und Flottenbetreiber. Mit der Aufhebung der Euro-Kurs-Untergrenze durch die Schweizerische Nationalbank haben sich die Aussichten für ein positives Wirtschaftswachstum erheblich verschlechtert, weshalb die Konjunkturprognosen für 2015 markant nach unten korrigiert werden müssen. Noch mehr als die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen beeinflussten im zurückliegenden Jahr allerdings die historisch tiefen Zinsen sowie der zuletzt massive Preiszerfall beim Erdöl den Autokauf. Auch die ab 2015 zu 100% fällig werdenden CO2-Sanktionsabgaben führten zu nicht wenigen, vorgezogenen Neuwagenkäufen, was sich 2015 in den Verkaufszahlen bemerkbar machen wird.
Urs Wernli, Zentralpräsident Auto Gewerbe Verband Schweiz (AGVS), kommentiert das letztlich gute Jahresergebnis nüchtern:
Die erfreulichen Neuwagenimmatrikulationen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Garagenbetriebe mit immer tieferen Margen, sinkenden Renditen und höheren Standards seitens der Hersteller stark unter Druck sind. Die europaweit schärfsten Auflagen im Bereich der CO2-Sanktionen verschärfen die Situation für unsere Mitglieder zusätzlich. Zudem werden sie sich aufgrund des gefallenen Euro-Mindestkurses einem noch stärkeren Wettbewerb stellen müssen.
Deutsche Marken dominieren den Neuwagenmarkt
Es ist keine neue Erkenntnis: Deutsche Hersteller dominieren seit Jahren nicht nur die Rangliste der Top-10-Neuwagen-Marken, sondern bauen ihre Dominanz kontinuierlich aus. Per Ende 2014 lag der Anteil aller Top-10-Marken mit deutschem Emblem bei 70,2% (2013: 69,7%). Im gesamten Neuwagensegment stieg der deutsche Anteil (inklusive Smart, MINI, Ford und Porsche) auf zuletzt 45,1% (2013: 44,6%). Am erfolgreichsten agierte der Volkswagenkonzern, zu dem die Marken von 30,9% aller hierzulande verkauften Neuwagen gehören (VW, Audi, Skoda, Seat, Porsche). Ebenso eindrücklich: Mit 13,3% ist der Marktanteil von VW fast ebenso gross wie derjenige von BMW und Audi zusammen. Zudem ist der VW Golf erneut das meistverkaufte Auto – zum 39. Mal in seiner 40-jährigen Geschichte!
Die Top-10-Markenrangliste der meistverkauften Neuwagen war in den zurückliegenden Jahren relativ stabil. Dies könnte sich 2015 ändern, da Hyundai (+7,4%), Seat (+2,4%) und Citroën (+2,2%) deutlich bessere Wachstumszahlen aufweisen, als die unmittelbar vor ihnen rangierten Volumenmarken. Markant rückläufig waren die Verkaufszahlen beispielsweise bei Renault (-13,0%), Ford (-12,7%) und Toyota (-10,8%), etwas moderater waren die Einbussen bei Opel (-5,7%), Peugeot (-3,1%), VW (-1,9%) und Audi (-1,4%). Im Gegensatz dazu konnten Mercedes-Benz (+9,8%), Skoda (+8,8%) und BMW (+3,7%) erneut positive Verkaufszahlen vermelden.
Top-10-Marken im Neu- und Gebrauchtwagenmarkt
Rangierung Q1-Q4/2013 in Klammern
Rang | Neuwagen Q1-Q4/2014 | Marktanteil | Gebrauchtwagen Q1-Q4/2014 | Marktanteil |
1 | Volkswagen (1) | 13,3% | Volkswagen (1) | 13,8% |
2 | BMW (3) | 7,0% | Audi (2) | 7,5% |
3 | Audi (2) | 6,9% | Opel (3) | 6,9% |
4 | Skoda (4) | 6,5% | BMW (4) | 6,7% |
5 | Mercedes-Benz (5) | 6,1% | Mercedes-Benz (6) | 5,7% |
6 | Opel (7) | 4,4% | Renault (5) | 5,4% |
7 | Ford (6) | 4,3% | Peugeot (7) | 4,9% |
8 | Renault (8) | 3,9% | Ford (8) | 4,6% |
9 | Peugeot (10) | 3,8% | Fiat (9) | 4,0% |
10 | Toyota (9) | 3,7% | Toyota (10) | 3,9% |
Total | 59,9% | Total | 63,3% |
Ob die traditionell hohe Nachfrage nach 4×4-Fahrzeugen (+4,8%) mit ihren um circa 15% höheren CO2-Emissionen auch im neuen Jahr anhalten wird, bleibt angesichts der ab 2015 zu 100% fällig werden CO2-Sanktionszahlungen abzuwarten. In Anbetracht der vorherrschenden Modellvielfalt und der höheren Margen bei Allrad-Fahrzeugen ist es allerdings wahrscheinlich, dass ein Teil der beim Import zusätzlich fälligen Sanktionszahlungen nicht an die Käufer weitergegeben oder aber mit weit geringeren – im Einzelfall auch nicht anfallenden – Sanktionen im Klein- und Mittelklasse-Segment verrechnet wird. Von den politisch gewollten Preisaufschlägen und den deshalb im direkten Modellvergleich sinkenden Preisdifferenzen könnten allenfalls Fahrzeuge mit Alternativantrieb (+5,7%) sowie Dieselfahrzeuge (-2,0%) profitieren. Damit insbesondere alternativ angetriebene Hybrid-, Elektro-, Gas- und E85-Fahrzeuge in Zukunft deutlich mehr als den aktuell bei 3,3% liegenden Marktanteil (2013: 3,0%) auf sich vereinigen könnten, müssten die Lade- und Tankinfrastruktur aber wohl markant ausgebaut sowie (weitere) steuerliche Vergünstigungen angeboten werden.
Occasionsmarkt verlagert sich ins Internet
Was sich bereits in den ersten neun Monaten des letzten Jahres abzeichnete, war Ende 2014 Tatsache: Zum ersten Mal seit 2008 war die Zahl der Halterwechsel rückläufig (839’212 PW; -1,5%). Gleichwohl ist das erzielte Ergebnis das Zweitbeste im genannten Zeitraum und die Zahl der umgeschriebenen Fahrzeuge rund 2,8 Mal grösser als im etwas stärker rückläufigen Neuwagenmarkt. Wie in Letzterem dominierten deutsche Hersteller mit 71,4% Marktanteil (2013: 70,3%) ebenfalls die Top-10-Rangliste. Gestiegen ist auch der deutsche Marktanteil (inklusive Smart, MINI, Ford und Porsche) im gesamten Occasionsmarkt; dieser betrug per Ende 2014 45,3% (2013: 44,9%).
In einem stagnierenden oder leicht rückläufigen Markt wird die zielgruppengerechte Marktbearbeitung zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Dank reichweitenstarken Internet-Marktplätzen können heute auch kleine Händler überregional tätig sein und sich damit ein zusätzliches respektive ein grösseres Zielpublikum erschliessen. Heiko Haasler, Geschäftsführer von Eurotax Schweiz, kennt das Potenzial der „Generation Y“ (Millennials):
Jüngere Autokäufer, die Internetplattformen für den Preisvergleich und den Kauf von Waren aller Art nutzen, kaufen zunehmend auch ihr Auto über diesen Kanal. Für den Occasionshandel ist es deshalb von zentraler Bedeutung, im Internet präsent zu sein, die Preise der eigenen Gebrauchtwagen fortlaufend aktiv zu managen und mit dem konkurrierenden Online-Angebot abzugleichen, so wie dies auch potenzielle Käufer tun.
Anhaltend sinkende Standzeiten
Die zunehmende Professionalisierung im Occasionshandel hat trotz wachsendem Fahrzeugbestand und rückläufigen Halterwechseln anhaltend sinkende Standzeiten zur Folge. Im Durchschnitt betrugen diese per Ende 2014 noch 94 Tage (-5,1%). Stark gefragt waren nicht nur gebrauchte SUVs und Geländewagen (84 Tage, -4,6%), sondern auch Kleinwagen (90 Tage, -3,2%) sowie Fahrzeuge der Unteren Mittelklasse (91 Tage; -5,2%). Eine Arbeitswoche länger warteten Kompakt- und Minivans (96 Tage; -6,8%) sowie Fahrzeuge der Mittelklasse (96 Tage; -5,0%) auf einen neuen Besitzer. Länger standen nur Fahrzeuge der Microklasse (99 Tage; -2,0%), Gebrauchtwagen der Oberen Mittelklasse (103 Tage, -4,6%), Coupés (114 Tage, -3,4%), Cabriolets und Roadster (117 Tage, -4,1%) sowie Fahrzeuge der Luxusklasse (119 Tage, -5,6%) bei Occasionshändlern auf dem Hof oder im Internet.
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